Architekt Georg Wieland. Architektur Georg Wieland

Historisches „Künstlerhaus“ auf der Fraueninsel

nachweisbar seit 1620

Die "Villa"

Die Villa ca. 1855 Der Advokat Dr. Franz Stradal (1812-1879) aus Teplitz, ein passionierter Segler und Mitbegründer des Segelsports am Chiemsee, erwarb diese Villa mit Garten im August 1875, dass vormals als „Mahlergütchen“ bezeichnet wurde. Seine jüngste Tochter Rosa Stradal (1858-1941) und der Maler Christian Maximilian Baer (1853-1911) haben das Anwesen übernommen. Es ist bis heute im Familienbesitz. Um 1892 wurde die Villa dem damaligen Zeitgeschmack angepasst und großzügig umgebaut. Die Räume im Obergeschoss wurden erhöht und mit Stuckdecken verziert, zur Gartenseite hin geringfügig erweitert und an der Nordseite ein großes Atelierfenster eingebaut. Das „Künstlerhaus“ ist mittlerweile ein Baudenkmal und vom Architekten Georg Wieland 2005 beispielhaft unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten instandgesetzt worden. Die Generalsanierung orientiert sich an den Befunduntersuchungen, wobei sanierte Bauteile am Gebäude ablesbar sind. Ergänzungen, neue Bauteile, Öffnungen und Funktionsänderungen in den Innenräumen sind konzeptioneller Bestandteil und eine Neuinterpretation des Bautyps „Villa“.

Leben im „Künstlerhaus“

Die Malerkolonie 1878 Das Leben im „Künstlerhaus“ zur Zeit der sog. „Malerkolonie“ auf der Fraueninsel war geprägt von Begegnungen zwischen den Malern der „Münchener Schule“ und interessierten Zeitgenossen. Die Familie Stradal und später Christian und Rosa Baer führten hier ein offenes Haus, dass auch künstlerischer Mittelpunkt auf der Insel war. Viele Musiker und Künstler haben ihre Spuren hinterlassen. August Stradal, der Bruder von Frau Rosa Baer, war ein Schüler von Bruckner und Liszt. Zu den Erinnerungen an das Haus gehörten die legendären Klavierabende. „Leibl verstand Bach“, schreibt Rosa Baer, die selbst eine vorzügliche Pianistin war, „so wie etwas Unedles gespielt wurde, ging er fort“. Hier verkehrten u.a. die Maler Wilhelm Trübner (1851-1917), Wilhelm Leibl (1844-1900), Lovis Corinth (1858-1925), Paul Crodel (1862-1928), viele Freunde und Malerkollegen, die in der sog. „Künstlerchronik“ aufgeführt sind. Gemälde im Haus berichten auch von vielen Künstlerfreundschaften. Auch Liszt beabsichtigte im Okt. 1885 seinen Schüler Stradal in dessen Haus „Schloss Stradalus“ auf der Fraueninsel zu besuchen. „Er konnte seine Absicht, zum Chiemsee zu kommen, nicht ausführen, da das Wetter schlecht war und kein Dampfschiff mehr verkehrte und er sich nicht getraute, im offenen Ruderschiff die lange Fahrt zur Fraueninsel zu machen“.

Der Maler C.M. Baer

C.M. Baer im Atelier
C.M. Baer im Atelier
Hier im Hause hatte der Maler Christian Maximilian Baer (24.8.1853 Nürnberg - 31.1.1911 München) sein Atelier. Seine Ausbildung fand er an der Nürnberger Kunstschule, als Schüler von Karl Raupp und 1874 an der Münchner Akademie. Er studierte bei Alexander Wagner, später bei Wilhelm Lindenschmit d. J. und er fand Anschluss an den Leibl-Trübner-Kreis. Seine Bilder waren in zahlreichen großen internationalen Museen ausgestellt. Von 1879 bis 1907 war er auf den Münchner Glaspalastausstellungen vertreten. Er malte anfangs mit großem Erfolg Stilleben mit lebensgroßen Wildszenen für Speisesäle in Schlössern und fertigte Kopien nach Rubens. Sein Hauptwerk „Martin Beheim, der Seefahrer, erklärt 1492 seinen ersten Globus“, hat der König von Rumänien 1883 für Schloss Sinaia angekauft. Später folgten Genre- und Gartenbilder. Er war auch als erfolgreicher Porträtist tätig. Seine späteren Motive waren häufig der Fraueninsel mit ihren Menschen entlehnt, die er im Stil der Impressionisten wiedergab. Er erhielt eine zweimalige Auszeichnung mit einer Goldmedaille bei Glaspalast-Ausstellungen in München. Die Bayer. Staatsgemäldesammlung in München erwirbt das Gemälde „Frau bei Gemüseernte“.

Der Inselgarten

Im Inselgarten, Neubau - Keramikatelier und die „Villa - Stradal“ nach der Sanierung

Der jetzige Garten hat seine Ausmaße der Seeabsenkung von 1902 zu verdanken. Dadurch entstand auch der Uferweg, den es vor dieser Zeit nicht gab. Dieser Garten, der einem Park gleicht, ist der größte Privatgarten auf der Insel. Ein üppiger Baumbestand mit einer großen Linde, einer natürlich gewachsenen Gartenbepflanzung, mit blumenreichen Beeten, Wiesen und einer blühenden Buschhecke lassen heute noch erahnen, wie in der Blütezeit der „Malerkolonie“ sich das „malerische Inselbild“ den damaligen Protagonisten dargeboten hat. In vielen Bildern des Malers C. M. Baer ist dieser Blumengarten Motiv und mit entsprechender Staffage bildnerisch bearbeitet und somit auch dokumentiert.

Literatur: Thieme Becker Künstlerlexikon 1908 l Süddeutsche Malerei 1979 Heyn l Erinnerungen an Franz Liszt, A.Stradal 1929

G.W.

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